Vom 24. bis 28.04.2015 – von Lukasz Belza
Tobias, der schon oft auf Als Meerforellen gejagt hat, hatte diese Reise zum Limfjord vorgeschlagen, denn er hatte gehört dass der bisher unter Fliegenfischern noch nicht populäre Limfjord in Sachen Meerforelle ein “Geheimtipp” sei. Los geht’s am Freitag Abend. Das erste Mal, dass ich Meerforellen mit der Fliege nachstellen werde. Um ehrlich zu sein auch das erste Mal, dass ich mehrere Tage intensiv die Fliegenrute schwingen werde. Und auch eine Premiere für mich, was das Watangeln anbetrifft. Ich habe schon drei sehr gelungene Wurfkurse bei Tobias absolviert, und war einige Male mit der Trockenfliege am Fluss unterwegs, aber hier wird mir wohl weit mehr abverlangt werden. Tobias und Jacques, die mich zu diesem Trip an den Limfjord eingeladen hatten, scherzen: ‘der Neuling fängt immer am meisten.’ Gespannte Vorfreude. Ich habe für diesen Trip meinen alten, „aufgebockten“ Jeep Cherokee mit grobstolligen Geländereifen zur Verfügung gestellt. Das Auto ist bis oben hin mit Ausrüstung und Gepäck vollgepackt. Es kommt ein wenig Expeditions-Flair auf.
Tag 1
Wir kommen um 7:30 in unserem schönen Ferienhaus in Hvalpsund an. Nach einem kurzen Frühstück werden die Fliegenruten gleich klar gemacht und die Wathosen angezogen. Der eigentlich geplante Schlaf nach der langen Fahrt (7h) fällt aus, alle wollen loslegen. So mag ich das.
Um 9.30 stehe ich zum ersten Mal in meinem Leben mit Wathose und 7er 9ft Rute ca. 30 Meter weit hüfttief im Limfjord. Tobias 30 Meter links, Jacques 30 Meter rechts von mir. Typisches Aprilwetter, herb, ca. 12 Grad, steife Brise, Mix aus Sonne, tief hängenden Wolken und etwas Regen. Kurze Einweisung an mich von Tobias und Jacques, und dann: los geht’s. Die ersten Würfe sind technisch bei 30 %. Mist. Beim Workshop mit Tobias auf der Wiese klappte alles ganz passabel. Aber die Welt sieht eben ganz anders aus, wenn man im kalten Wasser steht, der Wind einem um die Ohren pfeift und man eigentlich vor allem versucht, sicheren Tritt zu wahren und gleichzeitig die Schnur möglichst gut einzustrippen. Zu viel neue Information, ich muss mich sortieren. Wir arbeiten uns langsam die Küste entlang Richtung Westen vor. Tobias hat nach 30 Minuten als erster Fischkontakt: Ein Hornhecht, der wieder zurück darf. Jacques gibt mir laufend Tipps beim Werfen, was mir sehr dabei hilft meine Wurftechnik nach dem ersten „Flash“ halbwegs in den Griff zu bekommen. Nach einer Stunde trennt sich Jacques von Tobias und mir und versucht sein Glück weiter Richtung Osten. Ich wate mit Tobias weiter Richtung Westen, wir werfen in der Nähe eines aufgestellten Fischernetzes. Dann ca. 45 Minuten später ein Knoten im Vorfach. Also Vorfach wechseln. Tobias rät, bei der Gelegenheit auch mal auf Garnelen-Imitation zu wechseln. Ich nehme die von ihm gebundene „UV-Krabbe“. Mein zweiter Wurf mit der neuen Fliege geht meine an diesem Tag üblichen ca. 18 Meter raus, wie schon so oft an diesem Tag landet der Köder links vor dem Fischernetz. Ich strippe ein paar Meter gedankenlos ein, und auf einmal: BUMM! Die Rutenspitze biegt sich durch. Ach du Sch…! Tobias ruft: „Rutenspitze oben halten!“ Ich versuche die Schnurspannung nicht zu verlieren, drücke mit der rechten Hand die Schnur an die Rute um den Fisch zu fixieren, und schaffe es halbwegs schnell die Running Line sauber auf die Rolle einzuholen. Puh…endlich kann ich den Fisch über die Rolle kontrollieren. Nach kurzem Drill wird in einiger Entfernung kurz ein silberner Fischrücken an der Wasseroberfläche sichtbar. Eine Meerforelle! Und nicht klein, auch das kann man schon erkennen. Der blanke Wahnsinn! So, jetzt nichts verdaddeln. Ich gehe mit Tobias langsam Richtung Ufer und versuche gleichzeitig, die Meerforelle müde zu machen. Immer wieder gibt sie Gas, versucht kraftvoll abzuziehen. Nach 5 Minuten ist es soweit, Tobias zieht den Fisch mit dem „LandeHandschuh“ in seinen Schnur-Kasten, und sticht ihn waidgerecht ins Herz ab. Ich kann mein Glück nicht fassen: Erster Tag, 2h nach Ankunft, absoluter Neuling, und das Ergebnis: eine wunderschöne, große Meerforelle mit 48 cm.
Jacques, der inzwischen wieder zurück ist, erinnert an seinen Scherz bei der Abreise: der Neuling fängt immer am meisten. Alle lachen und freuen sich, auch weil wir nun alle wissen dass der Limfjord schöne Meerforellen zu bieten hat. Erleichterung und Motivation macht sich breit. Nachmittags wechseln wir noch den Fangplatz, doch es bleibt an diesem Tag bei dieser einen Meerforelle.
Tag 2:
Wir fahren zu einem Riff, das Tobias auf Google Maps ausfindig gemacht hat. Ca. 10 Minuten Autofahrt, einfach auf die Westseite unserer Halbinsel. Es ist 9.00 Uhr. Eine wunderschöne Bucht, kristallklares Wasser das über das Kiesriff glitzernd schwappt, die Morgensonne scheint, Kumulswolken, ein Bild wie gemalt. Das Riff scheint sehr vielversprechend, es ragt weit im Bogen in die Bucht hinein, man kann knietief hunderte Meter hinauswaten. Allein das ist ein Erlebnis. Nach 30 Minuten ruft Tobias: „Wir wechseln den Platz“. Fragezeichen in meinem Gesicht. Wieso wechseln, wenn die Stelle doch so aussichtsreich ist… Tobias deutet mit dem Finger auf die Bucht: „Robben! Hier werden wir heute nichts fangen.“ Und in der Tat: alle paar Sekunden tauchen in ca. 80 Meter Entfernung an verscheidenen Stellen der Bucht kleine Robben-Köpfchen für ein paar Sekunden aus dem Wasser. Wir haben also versucht, uns ungefragt am Frühstückstisch der Robben zu bedienen. Das gehört sich nicht, abgesehen davon dass wir gegen die Jagdkunst der Robben nichts entgegenzusetzen haben. Ein unglaubliches Naturerlebnis dennoch. Allein deshalb war es wert, diesen Fangplatz zu testen. Weiter geht’s. Wir gehen weiter auf ein benachbartes Riff, ca. 15 Minuten zu Fuß entfernt. Hier kein Fischkontakt. Wir treffen auf zwei einheimische Spinn-Angler. Der Platz muss also grundsätzlich „fängig“ sein. Wir machen Mittagspause, und fahren dann auf die gegenüber liegende Seite des Limfjords. 30 Minuten Autofahrt. Es hat sich schon ein wenig Routine bei mir eingestellt. Tobias und Jacques gehen ins Wasser und fangen an zu werfen. Ich lege eine kurze Pinkelpause ein, und schließe mich mit 5 Minuten Verspätung an. Die Wurftechnik ist auch schon solider geworden, den Schusskopf habe ich gut im Griff. Ich fange ganz entspannt an, die ersten Würfe zu platzieren. Tobias ist ca. 50 Meter links neben mir, Jacques 30 Meter rechts von mir. Nach nur 10 Minuten: BISS! Nur ca. 12 Meter vor mir, der Schusskopf hatte beim Einstrippen fast die Rutenspitze bereits erreicht. Diesmal totales Schnurchaos im Schnur-Kasten, ich kriege es nicht hin die Schnur sauber einzurollen, Tobias ruft: „Hol den Fisch direkt per Hand ein!“. Jacques wiederholt immer wieder „Rutenspitze hoch, Rutenspitze hoch!“ Nach kurzer Zeit ist eine 42erMeerforelle an Land.
Ich fasse es nicht. Zweiter Tag, zweite Meerforelle. Einfach unglaublich. 30 Minuten später knallt es dann auch bei Tobias, der eine 40er Meerforelle landet. Ein schöner, fängiger Platz also. Wir treffen auf einen einheimischen, der auch oft mit Fliege Meerforellen angelt. Er gibt uns wertvolle Tipps für weitere Fangplätze. Vor allem den Mariagerfjord, ca. 50 Km entfernt, legt er uns wärmstens ans Herz. Das wollen wir am nächsten Tag testen. Gegen 18 Uhr wechseln wir zum letzten Mal den Fangplatz an diesem Tag. Wir fahren weiter an den Fährhafen, direkt gegenüber unseres Ferienhauses am Limfjord. Direkt vom Fährhafen geht ein schönes Riff tief in den Limfjord hinein. Wir werfen 1 1/2 Stunden, ohne Erfolg. Tobias zieht einen Hornhecht heraus, der wieder zurück darf. Er macht gegen 20.00 Uhr Schluss für den Tag und geht schon mal zum Auto. Jacques und ich bleiben noch auf dem Riff, die letzte Fähre, die wir auf „unsere“ Seite des Limfjords nehmen wollen, geht um 21:15. Wir haben also noch etwas Zeit, doch nach 30 Minuten ist auch bei uns die Luft endgültig raus. Die Sonne geht langsam unter, es ist dämmrig, und Jacques sagt: „Komm, wir gehen nochmal vor an die Fährhafen-Mauer. Dort werfen wir nochmal mit dem Wooly Bugger, und dann ab nach Hause.“ Ergebnis: die erste Meerforelle für Jacques bei diesem Trip, 44 cm! Als ob er es geahnt hätte, dass am Fährhafen was geht. Endlich haben alle „ihre“ Meerforelle. Erleichterung, und ein fröhlicher Abend im Ferienhaus. Wir gehen früh ins Bett, denn am nächsten Tag soll es wieder um 8.00 los gehen.
Tag 3:
Letzter Angel-Tag für mich, denn ich muss aus beruflichen Gründen am vierten Tag leider vorzeitig zurück nach Berlin. Wir fahren zum Mariagerfjord, den uns der Däne am Vortag empfohlen hatte. Es macht sich klar bemerkbar, dass ich schon 2 Tage im Wasser mit Werfen zugebracht habe: wegen Salzwasser rissige Haut an den Händen (sehr schmerzhaft), rechte Hand, Unterarm und Schulter tun weh, das Waten fällt schwerer, ich friere ein wenig trotz drei Klamotten-Lagen inkl. Zwei Lagen Neopren-Socken. Wir starten mit einer Stelle an der Nordseite des Mariagerfjords. Der Fangplatz ist idyllisch schön.
Kein Fischkontakt, dafür treffen wir einen dänischen Fliegenfischer, der uns eine Stelle weiter östlich empfiehlt. Dort habe er vor einiger Zeit eine 72er Meerforelle erwischt.Wir wechseln also den Fangplatz. Neben einer lautstarken Kormoran-Kolonie, treffen wir auf eine versteckt gelegene, vielversprechende Bucht mit kleinem Bootsanleger, die nach 200 Metern in den Mariagerfjord übergeht. Am Ausgang der Bucht geht ein schönes Riff in den Fjord hinein, wo wir auch zunächst starten. Kein Fischkontakt. Viel „Grünzeug“ im Wasser. Die Fliege ist laufend voll mit Algen, das nervt. Wir wechseln daher in die Bucht. Dort hat Tobias nach kurzer Zeit einen „Nachläufer“, eine kleine Meerforelle. Kurz darauf zieht Jacques eine kleine Meerforelle raus, die untermaßig ist und daher zurück ins Wasser geht. Nach einiger Zeit habe auch ich eine kleine Meerforelle am Haken, die ich aber mangels Schnurspannung verliere. Halb so wild, aber eine gute Lektion für die nächste große. 😉 Wir wechseln auf die Südseite des Mariagerfjords. Der erste Fangplatz überzeugt uns nicht. Wir machen ein paar Würfe, und fahren weiter Richtung Westen. Aus dem Auto sehen wir eine schöne Stelle, und halten spontan. Ich ziehe hier meinen ersten Hornchecht raus, der wieder zurück ins Wasser geht. Ansonsten kein Meerforellenkontakt. Wir fahren nochmals weiter, diesmal wieder ein idyllisch schöner Fangplatz. Und zwei Dänen mit Spirolino. Hier könnte also was gehen. Jacques zieht zwei untermaßige Meerforellen raus, die wieder zurück gehen. Tobias sieht zwei große Meerforellen „buckeln“, die aber auf seinen sofortigen Wurf nicht reagieren. Gegen 20:30 beenden wir den Tag. Am nächsten morgen geht es für mich zurück nach Berlin, Tobias uns Jacques bleiben noch 3 Tage. Ich hoffe dass sie noch viele große Meerforellen erwischen.
Fazit
Meine Erwartungen wurden bei diesem Trip mehr als übertroffen. Zwei stattliche Meerforellen, und ein Hornhecht in drei Tagen sind für mich ein Traumergebnis. Ich ging eher davon aus, dass ich gar nichts fangen werde. Zudem atemberaubende Natur: Riffs, Fjorde, Robben, Kormorane, Galloway-Rinder, Höckerschwäne, Füchse, Hasen, Rehe etc. Allein deshalb war es lohnenswert. Und zwei super sympathische, entspannte Mitstreiter und Fliegenfischer- Profis, die mir ganz viel Know-How in diesen Tagen mitgegeben haben. Vielen Dank für die vielen Tips und die vor allem die gute Zeit, Tobias und Jacques. Auf ein Neues!
Nachtrag: Jacques und Tobias blieben noch etwas länger als ich. Beide fingen in dieser Zeit weitere Meerforellen, wobei Jacques mit einer schönen 53er den größten Fisch der Woche auf die Schuppen legte.