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Ein besonderer Tag an der Dosse

Eigentlich wolle ich am letzten Maiwochenende ein lang geplantes Jugendfreundetreffen im Harz verbringen. Meine Frau hatte sich aus diesem Grunde für diesen Zeitraum mit einer Freundin verabredet, um Erfurt zu besichtigen. Dann kam die unverhoffte Absage, weil die Familie eines Jugendfreundes rebellierte… was nun ? Meine Frau war verplant und mir stand ein Wochende alleine in Berlin bevor. Gar nicht gut.

So rief ich kurzerhand Dennis an um zu fragen, ob wir nicht zusammen fischen gehen wollten. Gesagt getan. Er schnappte mich am U-Bhf Bismarckstraße auf, wo ich mich minimalistisch ausgerüstet am Samstag, den 29.05. um 12 Uhr einfand. Eine gute Stunde später befanden wir uns an der Dosse am Wehr Dossow. Der Tag war sonnig, es lies sich kaum eine Wolke am Himmel blicken. Eher ungewöhnlich für den Mai diesen Jahres, der bisher eher kalt und verregnet war. Wohl auch aus diesem Grunde blieben die Forellen auf Tauchstation, obwohl schon viele Maifliegen unterwegs waren.

So gegen 16 Uhr setzte ein reger Schlupf ein, aber auch der bewegte kaum eine Forelle zu steigen. Und so war es auch nicht verwunderlich, dass wir keine Forelle von unseren Maifliegenimitationen überzeugen konnten. Dennis uns ich beschlossen einen Ortswechsel und fuhren flussaufwärts nach Goldbeck ans Wehr. Auch dort konnte wir einige Maifliegen auf dem Wasser sehen, doch auch hier war die Reaktion der Forellen eher sporadisch. Ein regelmäßiges Steigen gab es nicht.

Nun wurde unser Vizepräsident Andreas per Handy um Rat gefragt, der mit seiner Familie schon einige Tage an der Dosse verweilte und bisher ebenfalls mäßigen Erfolg verzeichnen konnte. Nach einiger Diskussion rückte die untere Dossestrecke in unseren Fokus und so luden wir gegen 18 Uhr Andreas ins Auto ein und fuhren gemeinsam über Friedrichgüte einen Waldweg zur Melkstandsbrücke. Dennis und ich gingen stromabwärts – er auf der linken, ich auf der rechten Seite – während sich Andreas stromaufwärts Richtung Dossow begab.

Auf meiner rechten Seite beginnt ein Waldabschnitt in rd. einem Kilometer flussabwärts. Um nahe am Fluss bleiben zu können, musste ich einiges Gestrüpp durchqueren und kam schließlich zu einem keinem Graben, der in die Dosse floss. Diesen übersprang ich gerade, als ich einen Stieg unter einem nahen Ast vernahm. Diese Stelle war wegen der Vegetation an meiner Uferseite nicht einfach zu befischen, aber mit vorsichtigen, kurzen und gezielten Wurfbewegungen entging meine Fliege knapp den Büschen und Ästen und landete gut platziert unter dem besagten Ast. Und wurde sofort von einer 35er Forelle genommen ! Gleich im Anschluss stürzte sich noch eine 30er Forelle auf die Fliege, durfte aber wie die Forelle zuvor wieder zurück in ihr Element.

Etwas weiter flussabwärts kam ich aus dem Waldabschnitt heraus, wo die Dosse in einem langen, geraden Abschnitt übergeht. Etwa eine viertel Stunde stand ich ruhig da, genoss die Natur und schaute immer wieder auf diesen langen Abschnitt. Die Sonne schien kräftig. Kein Stieg. Bis zur Baumannsbrücke wollte ich nicht gehen und schlenderte wieder stromauf. Kurz hinter der Melkstandsbrücke in der Flusskurve entdeckte ich den gebückten Dennis, der gebannt flussaufwärts blickte. Ab und an bot er seine Maifliege an. Auf seiner Höhe angekommen berichtete er mir von eine großen Forelle, die ab und an in der Kurve stieg. Nachdem ich ihm viel Erfolg wünschte ging ich weiter stromauf. Dort vernahm ich einige Steiger und konnte kurz darauf wieder eine schöne 35er Forelle von meiner Imitation überzeugen und anschließend in ihr Element zurücklassen. Ansonsten waren keine Aktivitäten zu erkennen. Nach einer guten Stunde kehrte ich wieder flussabwärts zur Melkstandsbrücke zurück, wo Dennis immer noch gebannt der Forelle nachstellte. Ich beobachtete die Szene nun gebannt. Da sich andere Forellen immer noch nicht zeigten, fand ich es am spannendsten, Dennis‘ bei seinen Überredungskünsten zu beobachten. Plötzlich ein satter Stieg etwas unterhalb von Dennis Standplatz. Und kurz darauf noch ein satter Stieg. Ja, nun konnte ich Dennis besser verstehen; es war ein großer Fisch, der da offensichtlich etwas in seinem Revier streunerte und sich auf einem Streckenabschnitt von rd. 15 Metern sporadisch zeigte. Ich ging über die 50 m oberhalb liegenden Melkstandsbrücke auf Dennis Seite. Da sich der Fisch nach diesen 2 Stiegen nicht mehr zeigt, war nun Dennis‘ Geduld zu Ende und er ging flussaufwärts. Meine Geduld war hingegen noch voll und ganz da und so stellte ich mich an den Standplatz von Dennis und montierte eine extended body Maifliege von Theo Atanassov.

Es war gegen 21 Uhr. Ich wartete. Keine Aktivität. Ich lies die Abendstimmung auf mich wirken. Die Sonne war hinter den Bäumen verschwunden und tauchte die Horizont in ein leichtes Rot. Bis auf einige Vögel war nichts zu hören. Eine angenehme Frische legte sich um meinen Körper und Tau machte sich auf den Grashalmen breit. Es war einer dieser schönen Augenblicke, die man unbedingt festhalten will. So in mich gekehrt riss mich plötzlich etwa 25 m oberhalb ein satter Stieg aus meinen Gedanken. Ich schaltete und begab mich schnellen Schrittes etwas flussauf. Wieder ein Stieg ! Auf meiner Seite ungefähr 10 Meter stromauf. Ich warf vom Flussrand über die Backhandseite den Fisch an und platzierte die Theo’sche Maifliege geschätzte 60 cm oberhalb des Ringes. Kein Biss. Die Fliege kurz und vorsichtig abgehoben, zwei Leerwürfe und wieder platziert. Diesmal einen geschätzten guten Meter oberhalb des Ringes… Stieg ! Stieg auf meine Fliege ! Ich schlug an und das Wasser explodierte ! Die Forelle zog mit Macht nach unten. Meine 5er Rute bog sich im Halbkreis. Was für ein Fisch muss das sein ! Ich ließ nicht locker und übte weiterhin so starken Druck auf den Fisch aus, dass dieser nicht in das Kraut flüchten konnte. Gut, dass ich ob meiner Erfahrungen an der Dosse eine 0,25mm Vorfachspitze gewählt hatte. Schon manch starker Fisch hatte in den Saisonen vorheriger Jahre meine Vorfachspitzen, die ich nie unter 0,18mm wählte, gesprengt. Das sollte mir jetzt nicht passieren ! Der Druck meiner zum Halbkreis gebogenen Rute zeigte nun Wirkung und die Forelle kam zum ersten Mal an die Wasseroberfläche. Sch…, war das ein Brocken ! Sicher die größte Bachforelle, die ich bisher am Haken hatte.

Ich griff nach meinem Kescher. Welcher Kescher ? Der ist meinen minimalistischen Überlegungen zum Opfer gefallen und lag zuhause gut im Schrank. Dennis. Außer Sichtweite. Die Forelle platschte mächtig an der Oberfläche und zog wieder nach unten. Dies wiederholte sich einige Male, bis ich merkte, dass die Fluchten schwächer wurden. Ich ging am Flussufer auf die Knie und zog den mächtigen Fisch, der nun seine Seite zeigte, zu mir heran. Doch ich bekam ihn nicht richtig zu fassen und die Forelle zog wieder abwärts. Ein zweiter Versuch. Wieder zog der Fisch nach unten, nachdem er meine Hand spürte. Ein weiterer Versuch. Jetzt bekam ich den Fisch unter seinen Bauch gefasst und hob ihn mit einer schnellen Bewegung auf die Wiese.

Mir stockte der Atem. Da lag er nun. Was für ein Fisch ! Wild gewachsen. Ein Rogner mit starkem Rücken. Schön gezeichnet. Die Fliege saß perfekt im vorderen, oberen Maulbereich. Stille Freude. Mir war erst gar nicht klar, was da eben geschehen ist. Eine so große Bachforelle hatte ich bisher nicht ansatzweise gefangen ! Es fiel mir schwer, den Fisch ob seiner Schönheit zu versorgen. Aber nein, einen solchen Trophyfisch konnte ich nicht nun wirklich nicht releasen (sorry, Forelle).

Etwa gegen 21:30 Uhr trafen sich Dennis und ich an der Melkstandsbrücke. Dort zeigte ich ihm den Fisch, auf den er es wahrscheinlich die Zeit zuvor vergeblich abgesehen hatte… Nun wurde die Forelle auch gemessen. Stolze 57cm zeigte das Maßband an. Und so langsam dämmerte uns beiden, dass an diesem Tag etwas ganz besonderes geschehen ist.

Auf unserer Rückfahrt hielten wir noch beim Reiterhof in Dossow an, wo Andreas inzwischen eingekehrt war. Auch Uli weite dort und beide staunten nicht schlecht ob dieser Forelle. Diese Forelle, welche meine ‚brown trout of the lifetime‘ ist – vielleicht !

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