So wollten Dennis und ich auch in diesem Jahr an die Gaula fahren, an die von Rudi gepachtete Löberg- Strecke in Lundamo. Der Flug war gebucht, es sollte am 23.06. von Berlin- Schönefeld über Oslo nach Trondheim-Vaernes gehen und am 01.07. umgekehrt zurück. Die Reisevorbereitungen liefen in vollen Zügen, als mich Dennis zwei Tage vor Abreise anrief und mir mitteilte, dass er nicht mitkommen könne. Die Arbeit gestatte gerade keine Auszeit, er wolle aber ggf. 3 Tage später nachkommen. Puh, das fing ja gut an. Nur gut, dass mir die Leute dort an der Strecke keine Unbekannten mehr waren. Außerdem wollte Volker Tielmann, den ich seit meiner Kindheit kenne, zur gleichen Zeit an der Strecke fischen, und so wog die Freude über das Wiedersehen meine alleinige Anreise auf.
Am früher Samstag Nachmittag erreichte ich unsere HQ bei Fam. Haugen und verstaute meine sieben Sachen in der Hütte, die nun für eine Woche mein Zuhause sein sollte. Rudi machte währenddessen eine paar Würfe mit dem Blinker und riss mich mit einem lauten „hau hau“ aus meiner Konzentration. Er befand sich im Drill mit einem Lachs von genau 10 Kilo, wie das spätere Wiegen ergab. Angespornt durch diesen Fang war ich guter Dinge. So begann ich mit Rudis Segen bereits um 22 Uhr zu Fischen – 2 Stunden vorm offiziellen Beginn.
Das Wetter war in der ersten Wochenhälfte bis einschließlich Dienstag unbeständig und regnerisch. Der Wasserstand war und blieb hoch, was die Lachse eher dazu bewegt, ohne Pausen flussaufwärts zu schwimmen. Dementsprechend schlecht reagieren Sie auch auf die angebotenen Fliegen oder andere Köder. Rudi und Volker verwendeten ausschließlich große Fliegen, was sich als richtig herausstellen sollte: denn Volker bekam am Dienstag einen vehementen Biss auf eine große schwarze Fliege, die er tief in einen Pool führte. Der Lachs sprang mehrmals vollständig aus dem Wasser, sein Gewicht wurde von Rudi auf zwischen 12-15 Kilo geschätzt. Ja geschätzt, denn Volker verlor den Fisch nach rund 15 minütigen Drill durch Schnurbruch ! Er trug es mit Fassung. Als kleine Wiedergutmachung fing er am späten Nachmittag einen rd. 5,5 kilo schweren Lachs auf Fliege.
Angespornt durch diesen Drill stand ich am kommenden Mittwoch früh um 4 Uhr auf und begab mich ans Wasser. Die Regenwolken hatten sich verzogen und es versprach ein warmer und sonniger Tag zu werden. Bei der Fliegenwahl entschied ich mich für eine pinkfarbene Ken Sawada Marabou- Fliege und war beim Wässern begeistert, wie das Marabou im Wasser spielte. Das fand wohl auch ein Lachs, der bei einem meiner ersten Würfe die Fliege so hart attackierte, dass es mir fast die Rute aus der Hand riss. Er hing ! Harte Schläge durchfuhren meine Zweihänder, ich begab mich an das Ufer und stellte mich auf einen harten Drill ein. Der Lachs kämpfte verbissen und sprang nach ca. einer halben Minute des Drills in vollem Umfang aus dem Wasser. Und in diesem Moment, in welchem mir klar wurde einen sehr großen Lachs von weit über 10 Kilo gehakt zu haben, war der Drill auch schon zu Ende: im Sprung löste sich der Drilling und gab den Lachs frei. Ein lautes „Schei…“ entfuhr mir. So einen Lachs bekommt man nicht alle Tage an die Fliege…
Der Tag wurde wie vermutet sonnig. Sonne gilt nicht unbedingt als vorteilhaft, einen Lachs an den Haken zu bekommen. Davon unbeeindruckt begab ich mich nach einer ausgedehnten Mittagspause ans Wasser, meine Zweihänder war mit einer mittelgroßen Green Highlander- Variante bestückt. Wieder im oberen Bereich der Strecke nahm ein 4 Kilolachs bereitwillig die Fliege, den ich nach kurzen Drill schließlich landen konnte. Mein ersten Lachs in diesem Jahr, der Verlust vom frühem Morgen war – fast – vergessen.
Auch der Donnerstag wurde sonnig, wie der Tag davor. Morgens blieb meine Fliege ohne Beachtung. Ob des gestrigen Erfolges beschloss ich aber wiederum, mich am Nachmittag ans Wasser zu begeben. Wieder knüpfte ich meine Green Highlander- Variante an. Zunächst geschah nichts. Dann begann ich mit der Fliegenführung zu experimentieren, wie ich es bei Stefan Gericke gelernt habe: Rute nach Ablegen Stromabwärts menden, um die Fliege schneller zu fischen. Es geschah weiterhin nichts. Dann änderte ich folgendes Detail: sobald sich der Eintauchpunkt der Schnur an der Strömungskante befand, in welcher die Lachse bevorzugt stehen, legte ich die Rute wieder stromaufwärts. Die Schnur beschrieb dann unter Wasser einen Bogen, der durch die Strömung zum Schnurende hin wandert und den die Fliege letztlich mit einem „Swing“ abschließt. Genau bei diesem „Swing“ stieg schließlich ein Lachs ein. Nach einem verbissenen Drill musste sich schließlich der Lachs mit einem Gewicht von 5 Kilo geschlagen geben. 2 Lachse in 2 Tagen – super Schnitt für die Gaula, ich war mehr als glücklich. Aber es sollte noch „dicker“ kommen…
Am Freitag kämpfte ich früh um 4 Uhr mit mir im Bett, nachdem mein Wecker geklingelt hatte: soll ich nun aufstehen oder doch lieber liegen bleiben ? Schließlich hatte ich mein „Soll“ erfüllt und konnte die verbleibenden Fischertage ruhig angehen. Doch irgendetwas in mir zwang mich zum Aufstehen. Ich kroch in meine Funktions(unter)wäsche und begab mich um ca. 5 Uhr ans Wasser. Volker fischte bereits und war durch den oberen Streckenteil durchgegangen, so dass ich gleich über ihn einsteigen konnte. Wie die Tage zuvor benutzte ich einen schnell sinkenden Schusskopf mit gut einem Meter Vorfach in 0,45mm Stärke, meine Green Highlander- Variante befand sich noch angeknotet vornan. Da das Wasser über Nacht weiter gefallen war, bekam ich schließlich nach ein paar Würfen einen bösen Hänger, der so fest saß, dass ich beim Versuch diesen zu lösen gleich meinen gesamten Schusskopf abriss. Na super, wäre ich man lieber im Bett geblieben… ich trottete zu meiner anderen Zweihänder, einer etwas kürzeren 13,2 Fuss langen Loop greenline, die mit einem nicht so schnell sinkenden Schusskopf bestückt war. Aber welche Fliege sollte ich nehmen ? Meine so erfolgreiche Green Highlander- Variante befand sich im Fluss. Nach gründlichem Durchstöbern meines Sortimentes fiel meine Wahl auf eine hellgraue Tubenfliege mit silbernen Körper und blauer Fronthechel. Diese angeknotet begab ich mich wieder an die obere Strecke. Und als ob sich im oberen Streckenabschnitt ein „Lachsnest“ befindet, bekam ich dort wie die Tage zuvor wieder einen Biss. Keinen besonders harten, aber einen bestimmenden. Die Rute bog sich und ich schätzte meinen Gegenüber als „Mellom- Lax“ ein – um die 5 Kilo vielleicht. Mein „hau hau“ ließ Volker aus dem Wasser steigen und zu mir hochkommen. Mit der Ruhe von bereits 2 gefangenen Lachsen drückte ich Volker meine Digitalkamera in die Hand und bat ihn, meinen Drill zu filmen. So filmte Volker bereitwillig, als der Lachs plötzlich zu einen fulminanten Spurt ansetzte. Da wurde mir klar: ich hatte einen Großlachs gehackt ! Jetzt bloß keinen Fehler, auf den Fisch zwar bestimmten Druck ausüben, ihn aber gehen lassen, wenn er gehen will. Den Fisch möglichst seitlich bekommen, dann muss er am meisten arbeiten. So macht es Rudi. Und so versuchte ich es jetzt. Wieder ein beeindruckender, kraftvoller Spurt des Lachses stromab. Als er zu stehen kommt, gehe ich flussabwärts auf gleiche Höhe und übe jetzt seitlichen Druck aus. Der Lachs kämpft und rollt sich. Er zieht noch einmal machtvoll in die Flussmitte, aber er hat schon viel Kraft eingebüsst. Mein Druck zermürbt ihn mehr und mehr, bis er schließlich in Sichtweite kommt. Au Backe, was für ein Brocken. Volker ist ganz ungläubig, dass der Lachs nach relativ kurzem Drill schon in Ufernähe ist. Der Lachs schüttelt sich bereits im flachen Wasser und Volker eilt zu ihm hin und schiebt ihn auf Land. Moment, was ist da gerade passiert ? ich habe den Lachs wirklich nicht verloren ? Nein, er liegt vor meinen Füßen auf den Steinen und zappelt noch. Klar über 10 Kilo, aber wieviel darüber ? Nach amtlichen Wiegen stand fest: 14,2 Kilo, mein Salmon Of The Lifetime (so far). Was für ein Morgen. Und als Krönung den spannendsten Teil des Drills als Video festgehalten…
Nachdem ich meinen Erfolg mit einem morgendlichen Schluck Whisky begießen musste (Tradition ist Tradition), legt ich mich erst mal schlafen. Die frischen Eindrücke mussten verarbeitet werden. So um 12 Uhr stand ich erfrischt auf und beschloss noch ein paar Würfe zu riskieren. Ganz in Ruhe und mit der Sicherheit, einen der größten Fische der Strecke gefangen zu haben. Rudi war nach meiner Fangmeldung sofort ans Wasser geeilt und hatte bereits während ich noch pausierte zum wiederholten Male erfolglos die Strecke abgefischt. Ich stellte mich am Streckenbeginn wieder ein. Mein Schusskopf lag samt Fliege ein wenig im Wasser, während ich die Schnur, die ich werfen wollte, von der Rolle abzog. Als ich mit einem Rollwurf den Schusskopf verlängern wollte, spürte ich Widerstand. Mist, schon wieder ein Hänger durchfuhr es mich. Ich hob die Rute und wollte so den „Hänger“ lösen, als sich dieser plötzlich bewegte. Lachs ! Dieser war wohl so überrascht wie ich und konnte nicht mehr all seinen Kräfte freisetzen, was auch diesen Drill zu einer kurzen Angelegenheit werden ließ. Und so hing mein insgesamt 4ter Lachs kurze Zeit später am Galgen. Dieser maß ganze 4 Kilo, womit mein Angeltag um 13 Uhr beendet war – denn an der Gaula dürfen nicht mehr als 2 Lachse pro Tag gefangen werden. So was ist mir vorher noch nicht wiederfahren…
Am letzten Tag war kein Lachs mehr zum Anbiss zu überreden. Der Wasserstand der Gaula ist weiter gefallen, die Sonne schien und die Lachse gingen auf Tauchstation. Doch ich genoss noch jeden einzelnen Wurf und war glücklich, dass keiner der schönen Fische an diesem Tage mehr gefangen wurde.